Sonntag, 2. Mai 2010

Jamaika – Paradies und Hölle

Nun sind wir ja jetzt schon eine halbe Woche in Jamaika und einige warten schon sehnsüchtig auf unseren Bericht – here you are:

Am Mittwoch sind wir von Miami nach Montego Bay geflogen. Davor hatten wir aber noch ein bisschen Stress. Am Dienstag hatten wir eine ziemlich lange Fahrtstrecke nach Key West und wieder zurück nach Miami. Wir waren schon völlig erledigt und wollen uns nur noch schnell ein Hotel suchen und was essen, was aber nicht so einfach war. Die Hotel Areas, die in unserer Karte eingezeichnet waren, existierten nicht und die Hotels, die wir dann auf Nachfrage gefunden haben, kamen uns eher nicht so vor, als wären sie dafür gedacht, dass man dort die ganze Nacht verbringt. Die „Family Hotels“ wären eine Straße weiter. Aha. OK, alles super, der Preis war uns fast schon egal, schnell noch was beim Pizza-Lieferdienst bestellt und den Wecker für den nächsten Tag gestellt. Am nächsten Morgen wachen wir auf und ärgern uns, dass die Zimmernachbarn so rücksichtslos sind und in aller Herrgottsfrühe so einen Lärm machen. Na ja, das Hotel war in der Nähe des Flughafens, da kommt das wahrscheinlich schon mal vor, dass Leute einen frühen Flug haben und deshalb früh aufstehen müssen. Gut, wir waren dann eh wach, haben in aller Ruhe angefangen zu packen und Lars ist mit dem Laptop nochmal in die Lobby gegangen, um die Mails zu checken. Die Ruhe war vorbei, als er auf dem Laptop gesehen hat, wieviel Uhr es ist. Statt 8:30 war es 10:30 Uhr. Ach Du Scheiße. Wir können es uns bis heute nicht erklären, warum die Uhrzeit auf dem Handy nicht mehr gestimmt hat, auf jeden Fall stieg der Puls rasant an, wir schmissen schnell alles in die Rucksäcke und rasten zum Flughafen. Vorher mussten wir ja noch das Auto abgeben. Wir sahen sogar noch ein Schild „Rental Car Return“, aber irgendwo sind wir dann wohl doch falsch gefahren, denn die Beschilderung verlief im Nirgendwo und wir mussten wieder an der Tankstelle fragen. Dort beschrieb man uns den Weg, wir sollten irgendwo links abbiegen. Durfte man aber nicht, also entfernten wir uns wieder von unserem Ziel. Völlig genervt und voller Adrenalin erreichten wir irgendwann doch noch die Rückgabestation. Die Rückgabeprozedur dauerte noch nicht mal eine Minute und wir kamen auch rechtzeitig am Check-in Schalter an.

Der Flug nach Montego Bay dauerte nur 1:40 h (ich dachte erst, wir fliegen nur 40 Minuten, bis ich heute festgestellt habe, dass wir nochmal eine Stunde Zeitverschiebung zwischen Miami und Jamaika haben – wir habens’s zur Zeit nicht so mit den Uhrzeiten), ein Taxi fuhr uns in unser Hotel am „Hip Strip“. Ja, wir sind immer da, wo das Leben tobt. Na ja, ehrlich gesagt waren wir ein bisschen enttäuscht von dem, was wir da vorfanden. Eine laute und vielbefahrene Durchgangsstraße, an der unser Hotel lag, an der Straße ein paar Restaurants und Bars und dahinter zwei Meter Strand. Der schönste Strandabschnitt vor einem „Beach Club“ war privat und hat umgerechnet ca. 4 Euro Eintritt gekostet. Ansonsten war da nix von schönem Strand zu sehen. Unser Hotelzimmer war eigentlich ganz ok, wir waren im zweiten Stock und hatten Meerblick von unserem Balkon. Leider ging die Klimaanlage nicht und man ist echt fast erstickt (hier ist es selbst nachts noch 26 Grad warm) und die Nachbarn haben sich lautstark unterhalten und Marihuana geraucht, was im ganzen Haus zu riechen war.

Wir sind dann abends noch ein bisschen rumgelaufen und haben mit einer Amerikanerin gesprochen, die seit 22 Jahren in Jamaika lebt. Sie hat uns empfohlen, nach Negril zu fahren und da uns das auch jeder Taxifahrer zugerufen hat, haben wir uns kurzerhand entschlossen, das auch gleich am nächsten Tag zu tun. Hier gibt es kein Bussystem in dem Sinne, sondern die Einheimischen fahren mit einer Art Sammeltaxi oder Minibussen. Den Touristen werden natürlich immer nur die normalen Taxis angeboten. Wir hatten einen mittelschweren Kampf um den Preis auszufechten, um bis zum „Busterminal“ zu kommen, wo die Sammeltaxis abfahren. Von dort aus hat alles gut geklappt, wir sind die erste Strecke mit einem Minibus und die zweite Strecke mit einem Sammeltaxi gefahren und ich bilde mir ein, dass wir keinen Touristenpreis bezahlt haben. Jetzt wohnen wir in einem „Yoga-Center“, einer schönen Anlage mit Garten in einem kleinen Häuschen, das natürlich nur aus einem Zimmer besteht, mit Klimaanlage und Kühlschrank. Das Haus ist aber komischerweise nicht gerade gebaut, so dass man immer das Gefühl hat, besoffen zu sein, weil man entweder bergauf oder bergab läuft. Komisches Gefühl.

Wir müssen nur über die Straße laufen, um zum „Long Beach“ zu kommen, dem wirklich schönen weißen Sandstrand, der in ein türkisblaues warmes Meer übergeht. An dem Strand reihen sich Bars, Restaurants, Hotels und Resorts aneinander. Da uns davon abgeraten wurde, abends an den Strand zu gehen, waren wir bisher nur tagsüber da, aber heute abend werden wir auf jeden Fall mal hingehen, da man hier ansonsten eh nichts machen kann. Es gibt noch einen Küstenstreifen südlich von Negril, genannt West Bay, dort ist aber kein Strand, sondern Felsklippen, so dass man dort nicht baden, aber in einem der Restaurants auf den Klippen sitzen und eine herrliche Aussicht genießen kann. Eine Institution in West Bay ist Rick’s Café. Dort trifft man sich am frühen Abend, um den Sonnenuntergang zu beobachten und den Einheimischen dabei zuzuschauen, wie sie die ca. 10 m hohen Klippen runterspringen. Da sie das selbstverständlich ausschließlich zur Unterhaltung der Touristen tun, erwarten sie natürlich ein Trinkgeld und es reicht auch nicht, wenn man einem was gibt. Der hat schließlich nichts mit dem anderen zu tun und der erwartet auch nochmal was.

Bei der Rückfahrt von Rick’s Café hatten wir wieder eine Diskussion mit dem Taxifahrer, der 10 US$ für einen angemessenen Preis hielt, während wir bei der Hinfahrt nur 2,40 Euro bezahlt haben. Das ist so nervig, dass man jedesmal 10 Minuten diskutieren muss, bis man einen normalen Preis bekommt. Es ist ja auch nicht so, dass man einfach weitergehen kann. Die verfolgen einen ja und reden auf einen ein und werden dabei immer lauter. Sehr unentspannt.

Nach dem Erlebnis, das wir heute hatten, ist mir aber endgültig der Kragen geplatzt. Natürlich sind wir selber dran schuld, das ist uns auch klar, vielleicht ärgern wir uns auch mehr über uns selbst und über unsere eigene Doofheit. Es ist ja hier so, dass man, sobald man das Hotel verlässt und auf die Straße tritt, von Taxis angehupt wird, läuft man am Strand entlang, wird man alle zwei Minuten angesprochen, ob man was kaufen will (Schmuck, Früchte, Marihuana) oder ob man Jetski fahren will. Man wird immer gefragt, wo man herkommt und wie lange man bleibt und wenn man höflich die Fragen beantwortet und nein, danke sagt, gehen die mit einem mit und lassen minutenlang nicht locker. Ein Händler, dem wir seine komischen Pflanzendinger nicht abkaufen wollten, rief uns noch so was in der Art hinterher, dass er uns als respektlos betrachten würde, zumindest hab ich das so interpretiert. Kurz danach kam ihm ein anderer entgegen, er sprach kurz mit ihm und der andere fing dann auch bei uns an. Holte seine selbstgeknüpften Armbänder in Jamaika-Farben aus der Hosentasche und hielt sie uns hin. Wir natürlich – no, thank you und kaum dass wir uns versahen, hatten wir sie schon um den Arm. Es wäre heute sein Geburtstag und er würde sie uns schenken. Ach, vielen Dank, das ist ja nett (ich weiß, doof). Und wie es denn wäre, wenn wir jetzt ein Bier trinken gehen, er würde jetzt gerne ein Bier trinken. Nee, wollten wir nicht. Das Bier würde 4 US$ kosten und es wäre doch echt nett, wenn wir ihm die dann jetzt wenigstens geben könnten. Ich hab die Unterhaltung zwischen ihm und Lars nicht ganz mitbekommen, weil ich schon weitergegangen bin. Auf jeden Fall waren wir schon irgendwie in einer Situation, wo wir nicht mehr nein sagen konnten und wir konnten ihn gerade noch davon abhalten, den 1000-Jam.-Dollar-Schein an sich zu nehmen, ohne uns das Restgeld zurück zu geben. Das wären dann 8 Euro für ein Bier. Die haben ja sehr stolze Preise in Jamaika, aber so teuer ist das Bier dann noch nicht mal in Rick’s Café. Hinterher haben wir uns auf jeden Fall tüchtig über unsere Blödheit geärgert, dass wir uns so einlullen lassen und lassen uns jetzt auf überhaupt kein Gespräch mehr ein.

Unser bisheriges Fazit für Jamaika ist: Wettergarantie, schöner Strand (auf jeden Fall in Negril) und herrliches Wasser (fast schon zu warm). Beste Bedingungen für ein schönes All-Inclusive-Resort. Man kann den Händlern aus dem Weg gehen und ist nicht auf das teure Essen in den Restaurants angewiesen.

Als Individualreisender empfinden wir es aber als anstrengend. Essen ist teuer, die einheimische Küche hat uns bis jetzt nicht umgehauen (und ist auch nicht viel billiger als internationales Essen), man ist als weißer Ausländer die wandelnde Cash-Cow, außer Strand kann man hier nichts machen, d.h. man muss mit dem Taxi oder einer Tour irgendwohin fahren – alles teuer. Gerade mit dem Essen ist das echt ein Problem, weil man ja doch mindestens zweimal am Tag was essen möchte. Wieviel von dem, was wir hier sehen, das „wahre Jamaika“ ist, wissen wir auch nicht. Wahrscheinlich sehr wenig. Selbst die Reggae-Parties, auf denen man auf den ersten Blick erfreulich viele Einheimische entdeckt, stellen sich im nachhinein als Partnerbörse für die weiße Frau oder den weißen Mann heraus. Hier macht doch kein Jamaikaner mehr irgendwas einfach so, weil es ihm gefällt oder weil er es schon immer gemacht hat. Hier geht es nur um die Dollars. Aber so ist das halt, wenn man in einem an sich armen Land unterwegs ist, das vom Tourismus lebt.

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